"Merry Christmas!" singt niemand schön wie Mariah Carey

Es soll ja Menschen geben, die sagen, die erste Weihnachtsstimmung sei erlaubt, sobald Stollen und Lebkuchen in den Supermarktregalen stehen. Andere pochen auf den ersten Advent. Alles Quatsch. In den letzten Jahrzehnten hat sich gezeigt, dass es nur eine Instanz gibt, die die Weihnachtszeit einläuten darf – und die heißt Mariah Carey.

Alle Jahre wieder schenkt uns die legendäre Sängerin ein aufwändig produziertes Video, das sie auf ihren Social-Media-Profilen teilt und mit den Worten "It’s time!" plus ein paar Christmas Emojis verziert. In diesem Jahr sieht man Mariah im Clip zuerst bei einem gruseligen Tanz mit einem Mann, der aussieht, als wäre er Teil der Addams Family, während im Hintergrund eine geisterhafte Version von Mariahs "All I Want For Christmas Is You" läuft. Dann kippt die Stimmung ins Festliche: Mariah tauscht ihren Morticia-Addams-Look gegen einen "Mother Christmas"-Dress und der Tanzpartner verwandelt sich in einen lustigen Schneemann. Ein paar Sekunden später ist man dann endlich breit grinsend in ihrem strahlenden, kitschigen Winter Wonderland.

Dass Mariah Carey zur Patin oder Mutter der Weihnachtszeit wurde – zumindest bei popkulturell interessierten Leuten – liegt vor allem an ihrem Album "Merry Christmas". Es war das vierte Album in ihrer Karriere sowie ihre erste Weihnachtsplatte und wurde am 28. Oktober 1994 veröffentlicht. Aufgenommen hatte sie es in der Zeit von Dezember 1993 bis August 1994 in dem Studio "The Hit Factory" in New York. Und Hits hat das Album im Überfluss: Carey coverte darauf etablierte Klassiker wie "Silent Night", "O Holy Night", "Joy To The World" oder "Santa Claus Is Comin‘ To Town", schrieb mit Produzent und Co-Songwriter Walter Afanasieff aber auch eigene Songs wie "Miss You Most At Christmas Time" und natürlich das unsterbliche "All I Want For Christmas Is You". Wobei es um genau diesen Überhit zuletzt Streit gab: 2019 erzählte Carey in einem Interview, dass sie den Kern des Songs allein als junges Mädchen an ihrem alten Casio-Keyboard geschrieben hatte, was ihr ehemaliger Kreativ-Partner natürlich nicht so geil fand.

In einem recht aktuellen Interview mit der "New York Times" spricht Carey über das Album, dass sie zur Queen of Christmas machte. Eigentlich sei sie anfangs gar nicht so begeistert gewesen von dieser Idee. "Ich fand, dass meine Karriere eigentlich noch zu jung für ein Weihnachtsalbum war." Gut, dass sie ihre Meinung geändert hat. Das zeigen schon die Zahlen: "Merry Christmas" wurde Stand jetzt über 18 Millionen Mal verkauft und "All I Want For Christmas Is You" zählt in allen Genres zu jenen Singles, die in der Historie der Billboard-Charts die längste Zeit vertreten waren und sind.

In ihren 2020 veröffentlichten Memoiren "The Meaning of Mariah Carey" beschrieb Carey, wie vor allem eher unangenehmen Weihnachts-Momente dafür sorgten, dass sie sich eine knallbunte, fröhliche Weihnachtswelt wünschte. Sie sei in einer dysfunktionalen Familie aufgewachsen und gerade zur Weihnachtszeit wurde oft geschrien und gestritten. "Ich machte mich daran, meine eigene kleine magische, fröhliche Weihnachtswelt zu schaffen", schreibt sie. "Ich konzentrierte mich auf all die Dinge, um die meine Mutter kämpfte; alles, was ich brauchte, war ein Glitzerregen und ein voller Kirchenchor, der mich unterstützte."

Dieser "Geist eines kleinen Mädchens und diese frühen Familienphantasien" flossen in "All I Want for Christmas Is You" ein, sagt sie.

Dieser positive Effekt, der auch das tristeste Weihnachten erhellen kann, funktioniert auch heute noch, wo das Album 30 Jahre alt wird. Zur Feier gibt es natürlich neue Deluxe-Editionen von "Merry Christmas", zum Beispiel eine schmucke Doppel-LP. Sie enthält eine aufwendige Verpackung mit einem 24-seitigen Fotobuch, das Mariahs persönliche Weihnachtsreise dokumentiert, sowie eine spezielle Mariah-Weihnachtskarte. Auf der ersten Platte gibt’s das ikonische "Merry Christmas"-Album und auf der zweiten Platte eine neu gemasterte Version ihres legendären Konzerts von 1994 in der St. John the Divine Kirche. Halleluja!