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20 Fragen an Renate Haidinger

Interview mit Renate Haidinger zum Thema Brustkrebs

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© Renate Haidinger

Renate Haidinger kämpft seit 2000 nicht nur gegen ihre eigene Brustkrebs-Diagnose, sondern auch für eine öffentliche Wahrnehmung des Themas. Mit sixx hat Renate Haidinger unter anderem über ihre Ängste, ihre Erfahrungen mit Betroffenen und über Brust-Amputationen als Präventiv-Maßnahme gesprochen.

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Renate Haidinger ist Vorsitzende des Brustkrebs Deutschland e.V. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Mädchen, Frauen und auch betroffene Männer über das Thema Brustkrebs aufzuklären. Es gibt viele Tabu-Themen in unserer Geellschaft. Brustkrebs sollte definitiv nicht dazuzählen. Im Interview erklärt uns Renate Haidinger, welchen Wandel das Thema Brustkrebs in den letzten Jahren erfahren hat und welche Rolle ihre eigenen Erfahrungen mit dem Brustkrebs dabei gespielt haben. Lest euch hier die Fragen und Antworten durch:

Renate Haidinger - Vorsitzende Brustkrebs Deutschland e.V.
Renate Haidinger - Vorsitzende Brustkrebs Deutschland e.V.© Renate Haidinger

Das Motto auf der Brustkrebs Deutschland e.V. Seite lautet: "Diagnose: Brustkrebs, Prognose: Leben!" – wie ist das Motto entstanden?

Wir möchten, dass möglichst viele (alle?!) Frauen Brustkrebs überleben können. Dafür fördern wir die Früherkennung mit vielen Informationen und Aktionen. 

Hatten Sie während Ihrer Krankheit ein persönliches Mantra oder einen Glücksbringer? 

Nach vorne schauen und meine Familie. 

Aktionen wie der "Pinktober" oder die Pink Collection von Bonprix sollen auf die Thematik aufmerksam machen und betroffenen Frauen Mut machen. Die Aktion "Recover your smile" hilft Frauen beispielsweise, ihr Selbstbewusstsein und ihre Positivität während der Krankheit zu bewahren, indem sie Ihre Krankheit "wegschminken". Hätten Sie sich mehr Aktionen zur Zeiten Ihrer Krankheit gewünscht? 

Damals gab es kaum etwas, daher habe ich den Verein gegründet. 

Wann konnten Sie das erste Mal nach Ihrer Diagnose wieder lächeln? 

Bei einer Aufführung von Marco Rima mit seinem Programm "Hank Hoover", da war ich noch in der Chemozeit. 

Wann hatten Sie das Gefühl, dass sich Ihr Status von "Betroffen" zu "Geheilt" geändert hat? Gab es eine bestimmte Untersuchung oder ein Ereignis, bei dem Sie das erste Mal gedacht haben, ich habe die Krankheit überstanden? 

Bis heute nicht und es ist fast 17 Jahre her. 

Haben Sie Angst, dass der Brustkrebs wiederkommt? 

Die Angst bleibt, dass er zurückkommt. 

Wie haben Sie Ihrer Familie und Freunden von ihrer Diagnose erzählt? 

Ich bin immer offen damit umgegangen um keine Gerüchte zu schüren. 

Welche Worte finden Sie, wenn Sie jemanden treffen, der an Brustkrebs erkrankt ist? 

Ich höre mir die Geschichte an und frage, ob ich irgendwie helfen, unterstützen kann. 

Wie verändert sich das Leben bzw. die Lebensqualität während und vor allem nach einer Brustkrebsdiagnose? 

Dinge, die wichtig waren, werden teilweise unwichtig, kleine Gesten bekommen eine größere Bedeutung und die Wahrnehmung insgesamt änderte sich. Ich halte mich bewusst von Menschen fern, die mir nicht gut tun. Man muss einen Umgang lernen mit akuten Nebenwirkungen und auch Langzeitnebenwirkungen. Aber: "Ich lebe und liebe es"! 

Hatte der Krebs auch positive "Nebenwirkungen" bei Ihnen wie beispielsweise bewusster zu leben? 

Ja, aber ich hätte gerne auf die Erfahrung verzichtet. 

Woraufhin haben Sie damals den Entschluss gefasst, die Organisation zu gründen? Gab es einen bestimmten Auslöser? 

Zu wenig gute Informationen! Zu viele Missverständnisse bezüglich der Erkrankung. 

Was hat sich seit der Gründung von Brustkrebs Deutschland e.V. in Deutschland im Umgang mit dem Thema Brustkrebs geändert? 

Es ist bei vielen Menschen angekommen, dass es eine Krebserkrankung ist, die bei früher Erkennung und Behandlung wirklich gute Überlebenschancen hat. Die anderen müssen wir noch erreichen, so auch Männer, da 1 % der Erkrankten Männer sind. 

Wie finden Betroffene nach ihrer Diagnose die richtige Klinik? 

Sie können bei uns anfragen, aber grundsätzlich sollten sie sich unbedingt an ein zertifiziertes Brustzentrum wenden und nicht irgendwohin gehen. 

Was halten Sie von Frauen wie Angelina Jolie, die bei erhöhtem Brustkrebsrisiko als Vorsorgemaßnahme ihre Brüste amputieren? 

Das muss jede Frau selbst entscheiden, aber bei ihrem hohen Risiko einer Erkrankung, da genetisch bedingt, kann ich es nachvollziehen. 

Was sagen Sie zu Frauen, die sich entscheiden, keine Kinder zu bekommen, aus Angst, das Kind könnte die Krankheit erben? 

Schwer zu sagen, aber das Risiko beläuft sich auf 50%, wenn man selbst genetisch vorbelastet ist. Mich würde das nicht davon abhalten. 

Wie stehen Sie zu alternativen Behandlungsmethoden oder Prävention von Brustkrebs wie Ernährungsumstellung oder Homöopathie?

Hier muss man die verschiedenen Begriffe inhaltlich trennen. Rein alternativ eine Brustkrebserkrankung zu behandeln halte ich für fahrlässig. Ich bin aber dafür begleitend zur eigentlichen Behandlung mit Komplementärmedizin Nebenwirkungen zu mildern, sofern dadurch die eigentliche Therapie nicht verändert wird. Die Wirkung der Homöopathie kann ich nicht beurteilen, aber wäre immer skeptisch. Als begleitende Maßnahme vielleicht sinnvoll? Immerhin handelt es sich nicht um einen Schnupfen, sondern eine Krebserkrankung. Prävention durch gesunde Ernährung und vor allem viel Bewegung halte ich für extrem sinnvoll. 

Gibt es Risiko-Faktoren für Brustkrebs, die Frauen vermeiden können? 

Insgesamt alles, was man unter ungesunden Lebensstil versteht: Alkohol, vor allem in größeren Mengen, Zigaretten, andere Gifte, Vorsicht bei Hormonen in den Wechseljahren, nicht zu viel, nicht zu lang, falls notwendig. 

Sollten Vorsorge-Untersuchungen zur Pflicht werden so wie jetzt eine Impfpflicht diskutiert wird?

Die Verantwortung für den eigenen Körper sollte jede Frau/Mann selbst übernehmen. 

Sollte man das Alter für ein empfohlenes Mammographie-Screening von 50 Jahren hinabsenken? 

Die Datenlage zeigt bisher, dass die Mammographie ab 50 sehr viel aussagekräftiger wird. Ich wünsche mir, dass es auch grundsätzlich dazu eine gute Ultraschalluntersuchung gäbe. Das gilt nur für Frauen, die keine familiäre Geschichte mit Brustkrebs haben bzw. nicht genetisch belastet sind. Gut wäre, wenn jede Frau ihren Körper gut kennenlernt und bei Veränderungen wirklich den Arzt aufsucht. 

Wann ist das richtige Alter zur Brustkrebs-Aufklärung? Sollte das Thema bereits im Stundenplan in der Schule stehen? 

Diese Aufklärung sollte beim Frauenarzt beginnen und könnte im Rahmen gesundheitlicher Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung an Ausbildungsstellen und in der Öffentlichkeit stattfinden.

Mehr über Renate Haidinger erfahrt ihr hier im Steckrbief.

Interview geführt von: Anja Kauffmann

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  • 29.09.2022
  • 17:42 Uhr