Beziehungstyp "unsicher"?
Beziehungstyp unsicher: Das sind die klaren Gründe für seine Bindungsangst
- Aktualisiert: 29.03.2024
- 15:40 Uhr
Ihr trefft euch regelmäßig und du wärst schon bereit, den großen Schritt Richtung Beziehung zu gehen? Irgendwie kann er sich aber nicht festlegen. Das kann mit dem Beziehungstyp zusammenhängen. Sicher, vermeidend, ängstlich oder unorganisiert: Hier erfährst du, warum der Bindungstyp deines Partners so entscheidend ist.
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Bindungsverhalten: Was ist die Bindungstheorie?
Bestimmt hast du in deinem Leben schon verschiedene Beziehungen geführt: freundschaftliche, familiäre, romantische oder berufliche. Mit Sicherheit sind diese Beziehungen nicht alle gleich verlaufen. Vielleicht hat die eine dich mehr erfüllt als die andere, war harmonischer oder eher von Streitigkeiten geprägt. Grund dafür könnte dein Bindungsverhalten und das deiner Mitmenschen sein.
In den 1950er Jahren entwickelten der Psychoanalytiker John Bowlby und die Entwicklungspsychologin Mary Ainsworth die Bindungstheorie, aus der die vier unterschiedlichen Bindungstypen hervorgehen. Die Theorie beschäftigt sich damit, warum Menschen verschiedene Arten von Bindungen eingehen und wie sie Beziehungen beeinflussen. Laut Bowlby und Ainsworth wird unser Bindungstyp bereits im Säuglingsalter von der Beziehung zwischen Baby und Eltern oder Bezugsperson geprägt. Psychoanalytiker:innen sind überzeugt, dass uns diese Prägung ein ganzes Leben lang begleitet und somit auch entscheidend dafür ist, was für Beziehungen wir im Erwachsenenalter führen.
In der Bindungstheorie wurden drei Hauptthesen aufgestellt: Wenn Kinder in dem Glauben aufwachsen, dass ihre Haupt-Bezugsperson immer für sie da sein wird, haben diese Kinder weniger Angst. Das Vertrauen darauf, dass die Haupt-Bezugsperson immer da sein wird, entwickelt sich vom Säuglings- übers Kleinkindalter bis in die Teenagerjahre und es bleibt immer bestehen. Haben Kinder gelernt, dass ihre Haupt-Bezugsperson immer auf ihre Bedürfnisse eingeht, bleibt diese Erwartungshaltung auch bestehen.
Welche vier Bindungstypen gibt es?
Wie er seine Beziehungen führt, das kann also davon abhängen, was für ein Bindungstyp er ist. Man unterscheidet zwischen sicheren und unsicheren Bindungstypen:
1. Der sichere Bindungstyp
Gesunde und langfristige Beziehungen? Kein Problem für den sicheren Bindungstypen! Als Kind hat er erfahren, dass er nach der Bestätigung der Eltern fragen darf, ohne im Nachhinein eine Bestrafung dafür erwarten zu müssen. Ihm wurde ein Gefühl von Sicherheit und Wertschätzung vermittelt. Ermutigung und Lob waren an der Tagesordnung. Eltern von sicheren Bindungstypen haben in der Regel auch ein Bewusstsein für ihre eigenen Gefühle und dafür, wie sie selbst sich verhalten. Außerdem sind sie emotional verfügbar.
Sichere Bindungstypen haben auch als Erwachsene keine Schwierigkeiten anderen zu vertrauen oder sich auf andere Menschen zu verlassen, und sie haben keine Angst vor Intimität. Braucht der oder die Partner:in mal Zeit für sich, ist das für den sicheren Typ vollkommen okay und bestimmt kein Grund zur Panik. Ein Merkmal von sicheren Bindungstypen ist auch, dass sie eigentlich so gut wie immer vergeben und selten Single sind.
2. Der vermeidende Bindungstyp
Körperliche und emotionale Nähe kann der vermeidende Beziehungstyp nur schwer zulassen. In seiner Kindheit hat dieser Typ erlebt, dass seine Bezugspersonen von ihm erwartet haben, selbstständig zu sein, also für sich selbst zu sorgen. Hat er seine Wünsche und Bedürfnisse geäußert, kam es öfter zu Zurückweisung - auch dann, wenn er sich von seinen Bezugspersonen abhängig machte. Die Eltern waren also eher streng und distanziert.
Erwachsene Menschen mit vermeidenden Bindungsverhalten haben Schwierigkeiten, langfristige Beziehungen einzugehen. Sie leiden unter Bindungsangst und verhalten sich dementsprechend abweisend und distanziert. Obwohl er sich nach Nähe sehnt, bedeutet für den vermeidenden Bindungstypen emotionale Nähe den Verlust der eigenen Unabhängigkeit. Er sendet deshalb oft zweideutige Signale. Selbstbestimmung ist für Vermeidende superwichtig.
3. Der ängstliche Bindungstyp
Angst vor Zurückweisung ist das prägende Gefühl von ängstlichen Bindungstypen. Wahrscheinlich hatten sie Eltern, die ihre Zuneigung nur unbeständig und unvorhersehbar zeigen konnten. Außerdem hatten sie als Kinder Schwierigkeiten, ihre Bezugspersonen zu verstehen.
Ängstliche Bindungstypen haben mit Verlustangst zu kämpfen. Sie sind anhänglich, brauchen stets Bestätigung und reagieren empfindlich auf Kritik, was daran liegt, dass sie einen geringen Selbstwert haben. Eifersucht ist ihnen auch nicht gerade unbekannt und sie tendieren dazu, negative Absichten in das Verhalten ihres Partners zu interpretieren.
4. Der unorganisierte Bindungstyp
Vertrauen in andere zu fassen, ist für den unorganisierten Bindungstyp fast ein Ding der Unmöglichkeit. Als Kind hat dieser Typ Traumata, etwa durch Vernachlässigung, Missbrauch oder inkonsistentes Verhalten der Eltern, erfahren.
Menschen, die in ihren Beziehungen unorganisiert sind, können ihre Gefühle nur schwer regulieren. Sie wollen unbedingt von anderen geliebt werden, haben aber gleichzeitig auch große Beziehungsangst.
Können unterschiedliche Bindungstypen eine glückliche Beziehung führen?
Der US-amerikanische Psychologe Amir Levine und die Therapeutin Rachel Heller haben zu den unterschiedlichen Beziehungstypen geforscht und herausgefunden, dass rund 50 Prozent der Menschen sichere Beziehungstypen sind. Etwa 25 Prozent lassen sich dem vermeidenden, 20 Prozent dem ängstlichen und die restlichen fünf Prozent dem unorganisierten Beziehungstyp zuordnen. Nun steht aber niemandem auf die Stirn geschrieben, welchem Typ er oder sie angehört. Was also, wenn sich Zwei verlieben, die unterschiedliche Beziehungstypen sind: Können sie trotzdem eine glückliche Beziehung führen?
Ziemlich einleuchtend: Sichere Bindungstypen sind insgesamt zufriedener mit ihren Beziehungen und ihnen fällt es auch leichter, mit anderen Bindungstypen eine Partnerschaft zu führen. Ängstliche und vermeidende Bindungstypen ziehen sich auch gegenseitig an. Aber nicht gerade auf die gute Art: Das abweisende Verhalten der Vermeidenden bestätigt die Befürchtungen der Ängstlichen - und die Vermeidenden haben im Ängstlichen jemanden gefunden, der ihnen an den Fersen klebt. Das kann eine schwierige Konstellation sein.
Kann man den eigenen Bindungsstil ändern?
Mit viel Arbeit und einem starken Willen könnte er das Verhaltensmuster ändern, denn nichts anderes ist ein Bindungsstil ja. Nur weil wir etwas von klein auf erlebt und gelernt haben, sind wir nicht dazu verdammt, für immer dabei zu bleiben. Diese Tipps können dabei helfen, gesündere Beziehungsweisen zu etablieren:
1. Verstehe sein Verhalten
Wie unsere Beziehungen ablaufen und wen wir uns als Partner aussuchen, ist kein purer Zufall. Jede:r hat eigene Muster und erfüllt diese immer wieder. Wenn man sie ändern möchte, muss man sie erstmal erkennen: Was für eine Beziehung hat er zu seinen Eltern und wie waren sie zu ihm als Kind? Wer hat ihn getröstet, wurde er oft kritisiert? Dann kannst du auch seine Erwachsenen-Beziehungen betrachten: Was haben seine (Ex-)Partner:innen gemein und wie sind die Partnerschaften verlaufen? Wer hat warum Schluss gemacht?
2. Stärke seinen Selbstwert
Wer ängstlich, vermeidend oder sogar unorganisiert ist, der hat eigentlich immer ein Thema mit dem eigenen Selbstwert. Auch, wenn es oll klingt, aber: Wer sich selbst nicht wertschätzt und akzeptiert, der wird auch niemals glauben, dass jemand anderes das tun wird - und wird so immer sich selbst in Beziehungen sabotieren. Gib ihm das Gefühl, geliebt und geschätzt zu werden, und ermuntere ihn, sich um sich selbst zu kümmern. Denn Selbstliebe ist die Voraussetzung für glückliche Partnerschaften.
3. Finde heraus, was er braucht
Die unsicheren Beziehungstypen sind alle von einer tiefsitzenden Verlustangst geprägt. Du solltest also herausfinden, was es braucht, damit er das Gefühl hat: Hier kann ich sein, wie ich bin und werde dafür geliebt und nicht verlassen. Klingt leicht? Kann aber auch ganz schön schwierig sein! In jedem Fall kann es nicht schaden, mit einem Therapeuten oder einer Therapeutin an den eigenen Themen zu arbeiten. Denk dran: Du kannst niemanden retten und bist nicht für das Seelenheil anderer verantwortlich. Du kannst nur liebevoll unterstützen, den Großteil der Aufarbeitung muss er selber machen.
Fazit: Sind Bindungstypen entscheidend für eine glückliche Beziehung?
Sicher oder unsicher: Welche Art von Bindungstypen du und dein/e Partner:in seid, wird einen großen Anteil daran haben, wie harmonisch und glücklich euer Zusammenleben sein wird. Das bedeutet aber nicht, dass euer Schicksal besiegelt ist, wenn ihr beide eher unsichere Bindungstypen seid. Wichtig ist vor allem, dass ihr euch eurer Prägungen bewusst werdet, versteht woher sie kommen und dann bereit seid daran zu arbeiten. Beziehungen sind schließlich immer auch Arbeit. Aber die Belohnung ist wunderbar: Am Ende wachst ihr nämlich noch enger zusammen.